Gartner Magic Quadrant “Enterprise Information Archiving” (EAI) 2015

18. November 2015 18:52 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Gartner hat wieder eine aktuelle Marktstudie veröffentlicht: diesmal den Magic Quadrant zum Thema EAI Enterprise Information Archiving. Aber was verbirgt sich hinter dem Begriff "Archiving"? Ist dies die deutsche Art der elektronischen Archivierung?

Um es vorweg zu nehmen – eigentlich nein, aber ein bisschen schon. Elektronische Archivierung und revisionssichere Archivierung sind in Deutschland eigentlich gut definiert: datenbankgestützt mit wahlfreiem Zugriff dauerhaft auf elektronische Informationsobjekte zugreifen können.Ein Blick auf die Definition des untersuchten Marktsegmentes von Gartner zeigt ein anderes Verständnis:

"Market Definition/Description

Enterprise information archiving (EIA) incorporates products and solutions for archiving user messaging content (such as email, IM, and public and business social media data) and other data types (such as files, enterprise file synchronization and sharing [EFFS] and Microsoft SharePoint documents, some structured data, and website content). A vast majority of market spend for EIA is for email retention. EIA products provide features such as data reduction across content types, retention management, content indexing and at least basic tools for e-discovery. A new use case supporting analytics of secondary data also is starting to appear. Due to the complexity associated with managing multiple data types within an archive, EIA may more broadly encompass capabilities such as federated archive repository management, and common policy management for migration, retention and discovery across multiple repositories.

EIA solutions traditionally were implemented by highly regulated environments, such as financial services and healthcare, but this is changing as organizations of all sizes and all industries are starting to retain and manage email and other unstructured data for compliance, risk, governance and cost optimization. The costs of an EIA implementation can vary due to number of users or amount of content being retained, but often range from $3 to $15 per user per month for SaaS offerings, and $20 to $60 per user for on-premises solutions for messaging content, with file content being charged on a capacity basis. The price also varies by the number of content sources archived and the management modules selected, such as enhanced e-discovery and supervision. Gartner is seeing a majority of organizations selecting SaaS for new or updated messaging data archiving implementations."

In dem Quadranten werden die verschiedensten Kategorien von Lösungen miteinander vermengelt: E-Mail-Archivierung, Social-Media-Web-Archivierung, Sharepoint-Document-Archivierung, Enterprise-File-Sharing-&-Synchronsiation-Archivierung … was soll man damit eigentlich anfangen. Es gilt also einen detaillierteren Blick auf die untersuchten Produkte zu werfen.Der Quadrant bietet schon einmal die Übersicht zu den Anbietern (aber wir haben ja gelernt, nicht das Bild angucken und interpretieren sondern den ganzen Report zu lesen – also auch die Kriterien, Einzelbewertungen und Einschränkungen!)

Dort finden sich eine ganze Reihe von Unternehmen, die man auf den ersten Blick nicht mit dem Thema "Elektronische Archivierung" in Verbindung bringen würde, wie z.B. Google, Bloomberg oder Veritas. Auch die verschiedenen Platzierungen in den vier Segmenten lassen bereits deutlich werden, das es nicht um klassische Archivierungsprodukte geht – denn sonst müssten IBM und EMC ganz oben rechts stehen. Stattdessen oben Microsoft, die mit langzeitiger Archivierung nun überhaupt nichts am Hut haben. Also genaugenommen geht es um "Speicherung und Sicherung" bei E-Mail und Web-Inhalten.

Liest man sich nun die einzelnen Beschreibungen (den Bericht gibt es übrigens bei Proofpoint im Download) durch, stellt man fest, um welche Produkte es geht:

  • Actiance Vantage: Messaging, E-Mail, Sharepoint & Co.
  • Barracuda C2C ArchiveOne: Messaging, Echange & Co.
  • Bloomberg Vault (noch in Entwicklung): diverses für Risk Management, E-Discovery und MIFID-Compliance
  • Commvault: E-Mail, File Shares, Exchange, Web und so einiges anderes mit verschiedenen Modulen
  • EMC SourceOne: Office, Sharepoint, E-Mail, E-Discovery und anderes – eines unter mehreren EMC Produkten
  • Global Relay: E-Mail, Exchange, Messaging und anderes unter dem Blickwinkel Information Governance (Bloomberg ist Kunde von denen 🙂 ) 
  • Google Vault: alles was sich so auf Google tummelt, besonders GoogleMail, Hangouts, Google Drive etc. und natürlich Postini 🙂
  • GWAVA: Exchange, Office, GMail, Novell … 
  • Hewlett Packard Enterprise (HPE) Consolidated Archive (HPCA): Exchange, Office 365, Domino, Gmail, Dateien aus dem Dateisystem, SharePoint, Social und anderes – aber HPE hat natürlich auch noch andere Archivierungsprodukte 🙂
  • IBM Content Collector: auch hier E-Mail, Dateinen, Domino, Sharepoint – aber erstmal auch was klassisches: SAP-Archivierung – ungeachtet dass der Content Collector nur einsammelt gibt es natürlich bei IBM eine Vielzahl an Archivierungsprodukten
  • Microsoft Exchange Archiving: liebe Kollegen, dass ist nun wirklich nur Sicherung, Entlastung des aktuellen Systems durch "Archive" a la PST. Microsoft steht da erst ganz am Anfang was wirklich Archivierung oder gar Digital Preservation angeht.
  • Mimecast Unified E-Mail-Managemernt Platform: … sagt es schon – Office 365 und Exchange im Fokus.
  • Proofpoint: Exchange, Office 365, Dateisystem-Dateien, SharePoint … aber auch viel Social wie Skype, Linkedin, Twitter und anderes – einer der interessanteren Anbieter aus dem Quadranten
  • Smarsh: das übliche wie oben, aber auch Speicherung von Messinging aus Business Aplications wie Lync, Yammer, Jive etc.
  • Veritas (früher Symantec, jetzt Carlyle Group) Enterprise Vault: ein Klassiker bei E-Mail-Archivierung, aber nicht nur – auch andere Kommunikationskanäle werden erfasst und das Thema Backup gibt es auch noch
  • ZL Technologies Unified Archive: neben den Themen wie oben … auch Records Management

 

Aber schon diese kurze Zusammenstellung zeigt, dass es nicht um das Thema Archivierung im klassischen Sinne geht. Die Gefahr bei den untersuchten Lösungen ist, dass man sich hier wieder Insel schafft, das übergreifende Records Management ausser Acht lässt, und die klassischen Vorteile der Archivierung im Enterprise Content Management zu Lasten von Informationsinseln opfert. Immerhin wissen wir auch nun, warum das Thema "Archiving" nicht im Gartner Quadranten für Enterprise Content Management enthalten ist – offenbar andere Leute, andere Abteilung, andere Baustelle. Oder da ist eine ganz andere Erklärung – Archivierung von gescannten Dokumenten und Daten aus großen Anwendungssystemen tritt in den Hintergrund, ist Selbstverständlichkeit – und nun mausern sich langsam die Unternehmen, die sich um all die anderen Inhalte im Web, in der Kommunikation – und vielleicht auch bald im IoT – kümmern. Ach ja – und ganz Schluss – Opentext flog raus, weil es die Umsatzkriterien nicht erfüllte … OpenText, ein nur wahrlich klassischer ganzheitlicher Archivierungsanbieter.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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