RPA – ein neuer Hype-Begriff?
20. Januar 2019 10:13 Uhr | Dr. Ulrich Kampffmeyer | Permalink
RPA steht für Robotic Process Automation. Dieses Akronym und dieser Begriff tauchen in 2018 immer häufiger auf. So z.B. auch bei der jüngsten Firmenübernahme in den USA. Der Anbieter KnowledgeLake übernimmt RatchetSoft (http://bit.ly/knowledgeLake). Eine kleinere Übernahme und kleinere Unternehmen, die zudem schon seit Jahren eng zuarbeiteten. Interessant ist aber, dass RatchetSoft explizit als RPA-Anbieter ausgewiesen wird. Sieht man sich ältere Versionen der Ratchetsoft-Webseite an, so sind diese zunächst als Anbieter für eine Integrationsplattform, dann ging es um den “Ratchet-X Magic Button” und 2017 wurde aus dem Magic Button dann Ratchet-X RPA – People, Process, and of course, Robots. Man hat sich hier des neuen Trendtheams “bemächtigt”.
Robotic: geht an man an die Wurzeln des tschechischen Begriffs “Robot”, der mit Frondienst, Zwangsarbeit und Knechtschaft übertragen werden kann. Das wollen wir doch nicht wirklich, oder? Der heutige Roboter-Begriff umfasst Maschinen, die mechanisch oder per Software weitgehend automatisch und autonom agieren. Klassische Roboter werden in der Industrie eingesetzt. Aber wer sind die Roboter am Büroarbeitsplatz? Soll dies die Arbeitsplatz 4.0 Software sein? Robotic stehen so gesehen also eher für automatisch ablaufende Softwarefunktionalität. So wird “Robotergesteuerte Prozessautomatisierung” in Wikipedia als Weiterentwicklung von Prozesssteuerung gesehen, bei der Künstliche Intelligenz und die Übernahme von Menschen vorgenommen Eingaben durch die Software selbst eine wichtige Rolle spielen. So wird aus dem “Magic Button” bei RatchetSoft jetzt der “Roboter”.
Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt die beiden anderen Begriffe, “Process” und “Automation”. Diese sind uns länger vertraut. Business Process Management setzte schon immer auf Automatisierung mittels Prozesssteuerung und automatischer Verarbeitung. Automation ist so gesehen schon einmal redundant zum Begriff Robotic. Beides zielt auf das Gleiche ab. Und dass es schon immer um Prozesse ging, bereits in den Hochzeiten der Begriffe Workflow und Vorgangsbearbeitung, ist sicher unstrittig. BPM und Workflow hatten immer die Aufgabe, Prozesse möglichst zu automatisieren, fehlertolerant zu gestalten, den Menschen in den Geschäftsprozessen von langweiligen Arbeiten zu entlasten (und eben nicht zum Roboter zu machen).
Man kann also die Gleichung aufmachen, RPA = Business Process Management mit verstärkter – weil begrifflich doppelt vorhanden – Automatisierung; oder noch einfacher … “Production Workflow”. Wie schon immer.
Die wirklich interessanten Themen der Automatisierung bleiben bei RPA eher im Hintergrund. Dies sind selbstlernende Systeme, sich selbst konfigurierende und integrierende Software, Lösungen, sich selbst-optimierende Prozesse, die mit Bigdata Analytics Entscheidungen begründen oder übernehmen, die den Menschen als natürliches Hindernis im stromlinienförmigen Geschäftsprozess nach Möglichkeit entfernen. So wird aus dem Menschen nicht der Roboter sondern die vorm Bildschirm degeneriende ehemalige Human Ressource in Gestalt einer Couch Potato. Da sich Menschen vielfach durch ihre Arbeit definieren, wird dies noch zu psychologischen Problemen bei den Menschen und Verwerfungen in der Gesellschaft führen.
Kritik an unserer RPA-Auffassung ... ?
Natürlich gibt es Kritik an der PROJECT CONSULT Beschreibung von Robotic Process Automation (RPA) – das sei überhaupt nicht mit Workflow und Business Process Management zu vergleichen, das passiere doch vor den Augen des Anwenders, wie dort Felder wie von Geisterhand gefüllt, Buttons gedrückt, Prozesse gestartet werden. Es gehe doch darum einfach nur den Mitarbeiter beim Arbeiten zuzusehen und die Tätigkeit dann das per Automat bei Bedarf nachvollziehen zu lassen. Und man dürfe doch die KI Künstliche Intelligenz und das ML Machine Learning nicht unterschätzen. Und alle Unternehmen wollen doch so etwas einsetzen, um Routine-Arbeiten direkt am Arbeitsplatz zu vereinfachen, den Anwendern direkt und schnell zu helfen, das ist doch das Thema …
Abgesehen von ML und KI – was ist denn dann an RPA neu?
Geht es dann bei RPA nur darum die Unzulänglichkeiten vorhandener Software und Prozesse durch ein paar “Shortcuts” auf dem Desktop zu erledigen?
Will man RPA wirklich nur auf den Desktop und das Nachahmen des Anwenders beschränken?
Von Prozesssteuerung, -optimierung und -kontrolle ist man dann aber ziemlich weit entfernt. Man hat dann wieder den “Magic Button”, aber ist dies wirklich im Sinne der Unternehmen?
P.S. die obigen kritischen Anmerkungen hätte man übrigens auch selbst hier als Kommentar posten können … 😉
RPA ist völlig neu,...
… aber nur als Begriff. Ansonsten uralte Technologie mit ein paar KI-Schnörkeln.
But that’s Business as usual in der IT. Marketing eben. Wenn man hinter die Kulissen schaut: Potemkinsche Dörfer