Neues Urteil zu privaten E-Mails am Arbeitsplatz

4. Juni 2013 23:05 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Gilt das Telekommunikationsgeheimnis für private E-Mails des Arbeitnehmers?
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe entscheidet in VG Karlsruhe vom 27.5.2013, 2 K 3249/12, Rdnr. 65 (Fall Mappus) dazu: kein TK-Geheimnis für private Mails am Arbeitsplatz.

Einen Kommentar gibt es von Rechtsanwalt Prof. Niko Härting hier:
http://bit.ly/10WYmxo (Danke für den Link an RA Michael Seidlitz).
Prof. Härting greift hier die bisherige Situation auf und kommt zum Ergebnis: 

<Zitat>

Die von der herrschenden Auffassung befürwortete Anwendung des § 88 TKG auf die betriebsinterne private Nutzung von E-Mails war noch nie überzeugend und wird seit jeher zurecht kritisiert (Barton, CR 2003, 839, 843; Gundermann, K&R 1998, 48, 51; Schimmelpfennig/Wenning, DB 2006, 2290, 2292 f.; Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 230, 231 ff.):

  • Gegen die Einstufung eines Arbeitgebers als Anbieter von Telekommunikationsdiensten spricht der Zweck des TKG, der darin liegt, durch eine technologieneutrale Regulierung den Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation und leistungsfähige Telekommunikationsinfrastrukturen zu fördern und auf diese Weise flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten (§ 1 TKG) (vgl. Barton, CR 2003, 839, 843; Schimmelpfennig/Wenning, DB 2006, 2290, 2292 f.).
  • Es ist nicht ersichtlich, wie ein Arbeitgeber, der Mitarbeitern E-Mail-Accounts zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt, im Telekommunikationsmarkt in einen Wettbewerb zu anderen Anbietern treten könne.
  • Die in der Gesetzesbegründung vertretene Einbeziehung des Arbeitgebers in den Adressatenkreis des § 88 TKG ist – gerade im Hinblick auf die strafrechtlichen Konsequenzen (§ 206 StGB) nicht ausreichend durchdacht worden (vgl. Barton, CR 2003, 843).

</Zitat>

Man muss allerdings auch berücksichtigen, dass das Urteil auf höherer Ebene im Widerspruch zu Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat dazu eine recht klare Position.

Bisher behalf man sich ja auch mit dem Frankfurter Urteil, das die recht unsaubere Trennung beinhaltete, dass auf dem Server das Geheimnis gilt und dass sobald die private E-Mail in das Postfach des Empfängers eingestellt wurde (und dieser Gelegenheit zum Löschen oder Verschieben hatte) das Geheimnis nicht mehr gilt. Technisch wie organisatorisch ist dies schlecht und nicht eindeutig zu fassen. 

Die Diskussion auf XING: http://bit.ly/Urteil-Email

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

3 Kommentare zu “Neues Urteil zu privaten E-Mails am Arbeitsplatz

  • Nivellierung des Datenschutzes in Europa
    5. Juni 2013 um 13:01
    Permalink

    Die hohen Datenschutzstandards, die wir in Deutschland haben, sollen jetzt sowieso mit Hilfe der europäischen Union verwässert und abgesenkt werden:

    <Zitat>
    EU-Verordnung: Protest gegen Lobby-Zugriff auf den Datenschutz
    Der Datenschutz soll in der Europäischen Union vereinheitlicht werden – doch der Entwurf wird von Lobbyisten torpediert. Nun fordern Aktivisten von der Bundesregierung mehr Einsatz.

    </Zitat>

    Quelle SPIEGEL online: http://bit.ly/DatenschutzEU

     

    Antwort
  • EU-Ministerrat & EU-DS-GVO
    7. Juni 2013 um 8:15
    Permalink

    Am 6.6.2013 hat der EU-Ministerrat zur Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DS-GVO) getagt. Eine Einigung wurde nicht erzielt und die Verabschiedung rückt in weite Ferne. Laut "FutureZone" (http://futurezone.at/netzpolitik/16328-eu-datenschutz-oesterreich-will-nicht-zustimmen.php) gibt es besonders aus Österreich sowie anderen Ländern Vorbehalte gegen eine "Verwässerung". Einen ausführlichen Kommentar, warum die EU-DS-GVO "tot" ist, gibt es bei Anwalt Stephan Hansen-Oest "Die EU-DS-GVO ist ziemlich tot….bis auf Weiteres" (http://www.datenschutz-guru.de/2013/06/die-eu-ds-gvo-ist-ziemlich-tot-bis-auf-weiteres/). Sein Fazit:
    <Zitat>
    "Wir könnten, wenn wir hier in einem EU-Mitgliedsstaat eine Neuregelung zu einem modernen, angemessenen Datenschutz wagen, ein Vorbild für die EU sein, um dann – wenn die Zeit reif ist – ggf. eine Vollharmonisierung über eine EU-Verordnung zu erreichen.
    Ich wäre allen beteiligten Datenschutzrechtlern sehr dankbar, wenn wir jetzt – in Anbetracht einer „ziemlich toten“ EU-DS-GVO – nicht den Wind der Diskussion verlieren und uns vielleicht zunächst wieder auf eine Modernisierung des deutschen Datenschutzrechts besinnen. Vielleicht auch, um ein Vorbild für den Rest Europas (und der Welt) zu werden. Vielleicht schaffen wir es so auch, ein Beispiel für ein (hoffentlich) funktionierendes, modernes Modell einer datenschutzrechtlichen Regulierung für eine gesamteuropäische Lösung zu werden."

    </Zitat>

    Antwort
  • Revisionsurteil zum "Mappus"-Fall: Löschung privater E-Mails
    4. August 2014 um 16:32
    Permalink

    Es geht um private E-Mails in der Behörde. Vorweg – beide Anträge auf Revision, von Mappus und vom Land Baden-Württemberg, wurden abgewiesen und das ursprüngliche Urteil bestätigt. Die Korrespondenz von Mappus muss dem Landesarchiv angeboten werden. Erst danach können die privaten E-Mails im Bestand gelöscht werden. Dabei handelt es sich um teilweise Löschungen um einen Informationsbestand, die nach dem Ausscheiden von Mappus erfolgen sollten. Während seiner Amtszeit war der gesamte Bestand aufbewahrungspflichtig – ob nun dienstlich oder privat. Das Urteil vom VGH: http://vghmannheim.de/pb/,Lde/Frueherer+Ministerpraesident+Mappus+hat+Anspruch+auf+Loeschung+von+E_Mail_Dateien/?LISTPAGE=1213200  

    Antwort

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