Informationsmanagement
7. März 2006 23:00 Uhr | PC_admin | Permalink
Stellen wir einmal zwei Thesen auf und betrachten, ob sich hierdurch unser Blickwinkel auf ECM Enterprise Content Management und DRT Document Related Technologies verändert:
These 1:
Dokumentenmanagement, Enterprise Content Management und all die vielen anderen Technologien aus diesem Umfeld sind nur Ausprägungen des übergreifenden Informationsmanagement.
These 2:
Jede Anwendung muss mit schwach- und unstrukturierten Informationen umgehen können, spezielle Anwendungen sind überflüssig.
Die Abgrenzung der unterschiedlichen Technologiefelder wie Information Lifecycle Management, Enterprise Content Management, Dokumentenmanagement, Archivierung etc. von der allgemeinen Informations- und Kommunikationstechnologie fällt immer schwerer. Immer mehr Funktionalität, die früher für ein eigenständiges Bild der ECM-Branche gesorgt hat, findet Eingang in Standardsoftware. Die ECM-Anbieter selbst nehmen immer mehr Funktionalität aus den angrenzenden Feldern der Informationtechnologie in ihre Portfolios auf. Die Grenzen werden fließend. Man kann heute eigentlich ECM und Verwandtes nur noch in einigen Gebieten als spezielle Ausprägungen der übergreifenden Informationstechnologie ausmachen. Nimmt man Informationsmanagement als Obergriff lassen sich Assets, Dokumente, Records und wie auch immer ohne Probleme diesem Begriff unterordnen. Sie sind nur besondere Ausprägungen von Information. Nur noch in einigen Bereichen wird ECM damit für den Endanwender sichtbar, dort wo es um die Visualisierung von virtuellen Akten und Workflows geht. Rückgrat dieser Anwendungen sind dabei noch nicht einmal die ECM-Lösungen selbst, sondern Datenbanken. In allen anderen Anwendungen reduziert es sich auf die Integration weniger Funktionen, wie z.B. "drei Knöpfe" in Outlook zum speichern, wiederfinden und anzeigen. Die Funktionalität verlagert sich auf die Serverebene. Besonders in Konzepten der SOA Service Oriented Architecture werden ECM-Funktionen auf einige dedizierte Dienste reduziert. Betrachtet man diese Dienste, dann werden eigenständige, geschlossene ECM-Lösungen überflüssig. Man benötigt Dienste für die Generierung eindeutiger Unique Identifier (UIDs), zur Generierung und Prüfung von selbstbeschreibenden Informationsobjekten, virtuelle-Poststellen-Dienste, die Signaturen checken und elektronische Kommunikation in Postkorbsysteme einsteuern, Konverterdienste für Formatwandlung, Versionsmanagementdienste, Archivdienste, Journal- und Protokolldienste, Workflow-Engines, Signaturdienste usw. Diese werden nicht mehr für den Endanwender sichtbar. Wesentliches Merkmal all dieser Dienste ist, dass sie nur einmal in einer Systemumgebung vorhanden sein sollten und ihre Services allen Anwendungen zur Verfügung stellen. Jede Anwendung sollte so in der Lage sein, über die Dienste sowohl Information zum Dokumentenhandling zu übergeben als auch über die Dienste die Information wieder abzurufen. Dies senkt Betriebskosten und die Aufwände für die Pflege von Schnittstellen. Bejaht man beide Thesen ergibt sich eine unbequeme Situation für die ECM-Anbieter: sie werden in den Untergrund der Systeme "abgedrängt" und sind nicht mehr am Desktop sichtbar. Die Dienste werden austauschbar und die Kundenbindung sinkt. Und man darf nicht übersehen, dass die Anbieter von Standardsoftware, allen voran Microsoft aber auch IBM und SAP, selbst das Thema für sich entdeckt haben und immer mehr Funktionalität mitliefern. Hier werden Dokumenten-Technologien immer mehr zur Infrastruktur. Und dies ist richtig so! Wir setzen seit Jahren Software ein, die nicht in der Lage ist, Information vernünftig zu verwalten und zu erschließen. Eigentlich muss man von jeder Standardsoftware erwarten können, dass sie effiziente Mittel für das Management ihrer Informationen bereitstellt. Die Unzulänglichkeiten von Standardsoftware wie z.B. E-Mail haben erheblich zum Informationswirrwarr auf unseren Festplatten beigetragen. Gerade unter Compliance-Gesichtspunkten dürften viele Standardsoftwareprodukte nicht eingesetzt werden. Es ist daher erforderlich, dass Dokumentenmanagement, Enterprise Content Management oder wie-auch-immer wir das Kind nennen seinen integrierten Platz im übergreifenden Informationsmanagement findet und zur Infrastruktur wird. Bleiben werden ein paar sehr spezielle Anwendungen im Bereich des Posteingangs, des Records Management oder des Business Process Management – generelle Dokumentenmanagement-Funktionalität wie die Nutzung eines elektronischen Archives, einfache Workflows, Versionierung, Recherche, Kontrolle der Information etc. sind notwendige Infrastruktur. Auch wenn es vielen ECM-Anbietern weh tut, Microsoft geht hier mit der Bereitstellung von Workflow auf Betriebssystemebene den richtigen Weg. Offen bleibt der lang gehegte Wunsch, das Filesystem und die Speicherverwaltung durch Dokumentenmanagement mittels daten-bankgestützter Betriebssysteme komplett zu ersetzen (hier waren wir schon einmal weiter). Je mehr Funktionalität in Betriebssysteme, Datenbanken und Standardanwendungen wandert desto mehr wird die Daseinsberechtigung als eigen-ständige Branche in Frage gestellt. Wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt. (Kff)