Goodbye 2.0
22. Juli 2013 11:21 Uhr | PC_admin | Permalink
Ausgehend von einer Diskussion auf der DMSEXPO 2012 hat sich ein "Schlagabtausch" zwischen Michael Dreusicke und Ulrich Kampffmeyer entwickelt, der auf der DMS EXPO 2013 am 24. September auf der Bühne seine Fortsetzung finden soll. Eingeladen hat hierzu die DGI und das DOKmagazin. Das Hashtag ist leicht provokativ #goodbye2null.
Anlass der Aufregung von Herrn Dreusicke war der Keynote-Vortrag von Dr. Ulrich Kampffmeyer auf der DMSEXPO 2012, "EC5M" (Video http://bit.ly/RnAQoh), in dem Dr. Kampffmeyer in bewußt ungewohnter Form einige Thesen zur Entwicklung der ECM-Branche vortrug (ohne Schlips, nicht am Pult stehend sondern herumlaufend, statt lockerem Vortrag pastorale Ansprache und statt Folienschlacht nur eine einzige, sich abbauende Folie, die am Schluss leer ist). Wie Herr Dreusicke in seinem Facebook-Blog betont, ging ihm der Vortrag (und auch schriftliche Äußerungen) so sehr gegen den Strich, dass er noch auf der Veranstaltung auf eine öffentliche Diskussion drang. Diese wird nun am Dienstag, 24.09.2013 von 14:30 bis 15:30 auf der DMS EXPO in Stuttgart (Halle 5, Fachforum-Bühne) stattfinden. Die Moderation übernimmt Herr Prof. Dr. Heiko Beier (Moresophy). Eine konkrete Themenabstimmung ist noch nicht erfolgt, aber es soll irgendwie um "Social Media, neue Arbeitsbedingungen und Identität 2.0 " gehen. Zwischenzeitlich drehte sich die Diskussion aber um das Verständnis von "2.0", was letztlich zum umstrittenen Titel "Goodbye2null" (auch in Versionen mit "!" und "?" zu finden) geführt hat.
Dr. Kampffmeyer als Web-2.0-Evangelist meint hierzu (http://on.fb.me/1bW1l0R):
"Web 2.0 ist die wichtigste Bewegung für ein offenes, kommunikatives, interaktives Internet, die uns das Wissen der Welt erschließt. Durch die die "0" in 2.0 wird die Neuheit, Unverbrauchtheit, Offenheit, Unfertigkeit betont, die uns einlädt, an der Gestaltung der der Kommunikation, Gemeinsamkeit und Collaboration mitzuwirken. Bei Web 2.0 geht es daher auch nicht um Technik, sondern um das Lebensgefühl einer ganzen Generation, die durch Web 2.0 erst den Weg in die unermesslichen Weiten des Internets findet. Im Gegensatz zu anderen, kommerziell-proprietären Entwicklungen wie das auf den persönlichen Hedonismus zielen "i" (ich, ich, immer nur ich) von Apple steht Web 2.0 für Offenheit, Information-Sharing und aktive Partizipation. Gerade jetzt, wo durch NSA-Skandale und Manipulation die Offenheit und Freiheit im Web unterlaufen wird, gilt es, die hehren Ziele und Prinzipien des offenen Web 2.0 zu stärken."
In einem Artikel vor über 6 Jahren hatte Dr. Kampffmeyer sich bereits mit dem Thema "2.0" und dem Missbrauch dieses Signets beschätigt (http://bit.ly/KffWeb20). Bei Web 2.0 war es angebracht, aber die Portierung auf andere Felder wurde den Ideen von Web 2.0 nicht gerecht. Dies gilt natürlich für die spaßhaftigen Wortbildungen wie Handy 2.0, Ehefrau 2.0 und andere, aber auch für die ernstgemeinten Versuche Enterprise 2.0 und ECM 2.0 zu etablieren. Im Ausblick des Artikels wurde dann mit einem leichten Lächeln postuliert, dass das wahre Web der Zukunft nur Web 42 (frei nach Douglas Adams) sein kann.
Nimmt man diese beide Ausgangspositionen für die Kritik von Michael Dreusicke, dann wären die Diskussionsthemen des "Schlagabtausches" irgendwo bei Internet 2.0, Communication 2.0, Social Media 2.0, Web 2.0, Social Publishing 2.0, Diskussionskultur 2.0, Social Business 2.0 usw. anzusiedeln. Hier stellt sich dann natürlich die Frage, welche Bedeutung die Ideen von Web 2.0 (jetzt 10 Jahre alt) heute noch haben. Die Aspekte, die seinerzeit von Eric Knorr, CIO Magazin, und von Dale Dougherty und Craig Cline auf der O'Reilly Konferenz benannt wurden (http://bit.ly/KffWeb20), haben ihren Einzug in zahllose Anwendungen gefunden – alleinstehend als "Web 2.0"-Anwendungen aber mehr noch integriert in immer mehr Standardsoftware. Sie sind längst keine Trendsetter mehr, sondern wurden hier von Mobile, Cloud, Bigdata und Ubiquitous links und rechts überholt. Web 2.0 und auch Social Media beginnen in den Hintergrund zu treten. Dies geschieht auch durch die Weiterentwicklung von Web 2.0 selbst in Gestalt des Semantic Web, das auch von Tim Berners-Lee mit Web 3.0 assoziiert wurde. Tim O'Reilly definierte den Begriff Web 2.0 ähnlich Eric Knorr (der sich seinerseits auf Scott Dietzen bezog) und beschrieb Web 2.0 als eine Veränderung in der Geschäftswelt, als eine neue Bewegung in der Computerindustrie hin zum Internet als Plattform. Der geschäftliche Aspekt wird heute von dem Kunstwort Social Business, #SocBiz, adressiert. Die Prinzipien des Mitmachens und der Partizipation ändern sich im semantischen Netz ebenso wie sich der Einfluss von Apps und neuen Nutzungsmodellen im Consumer-Bereich das Thema Web 2.0 zu überlagern beginnt. Wer auf das semantische Web 3.0 setzt, hat Web 2.0 bereits hinter sich gelassen – Goodbye2null!
Noch dramatischer ist der Abschied von der freien, offenen Welt des Web 2.0, die es eigentlich so wie in der Öffentlichkeit immer idealisiert wurde, nicht gegeben hat. Das Grundvertrauen, das für die Offenheit im Web 2.0 notwendig ist, wurde durch Prism, Tempora und XKeyscore unterlaufen. Auch hier sind wir in großer Gefahr uns sehr kurzfristig von den Ideen des Web 2.0 zu verabschieden – Goodbye2null!
Drittens stellt sich die Frage, ob der von Tim O'Reilly („What is Web 2.0“; 2005) mit Funktionalität unbterlegte und populär gemachte Begriff nach fast einem Jahrzehnt nicht sowieso erneuert werden muss (aber nicht unbedingt mit dem Hochzählen von 2.0 zu 3.0 zu 4.0 und so weiter) – auch wenn die gängigen Begriffe nicht so prägnant scheinen.
Und vielleicht ist Goodbye 2.0 auch so zu interpretieren dass es sich nur um eine neue Form des Abschiedes handelt, wie z.B: per Twitter oder Facebook dem Geliebten zu poisten "Ich verlass Dich". Diese neue Form des Abschiedes gilt auch für Paradigmen der ITK-Industrie, denn die Entwicklungen draußen im Markt und in der Welt sind verwoben und fließend – πάντα ῥεῖ – also goodbye2null von "2.0"?
Goodbye2null oder Hello2null?
Ein kleines Update, das als Artikel in der DOK (http://www.DOKmagazin.de)erschienen wird, findet sich auch hier: http://bit.ly/goodbye2zero Hiwerdurch sind einige mögliche Themen des "Schlagabtausches" skizziert, der sich ursprünglich an der Keynote EC5M (http://bit.ly/Kff-EC5M; http://bit.ly/PJ5Dkn ) entzündet hatte. Jedoch ergab sich auf Nachfrage, dass sich außer zwei kleineren Positionen die ursprüngliche Kritik von Michael Dreusicke weitgehend in Luft aufgelöst hat. So wird es sehr interessant werden, was nun der Moderator der Runde, Professor Heiko Beier, als Themen in den Ring werfen wird.
Kleinere Positionen?
Über die Größe der angesprochenen Positionen wird noch zu diskutieren sein. Sie als “klein” zu bezeichnen, wogegen sie mir als fundamental erscheinen, gibt auf jeden Fall genug Stoff für einen belebten Einstieg.
Antwort zu "Kleinere Positionen?"
Verehrter Kontrahent Michael Dreusicke,
ich konstatiere nur, dass von
<Zitat>... dem ich live kaum ohne Pulsverdopplung zuhören kann … </Zitat> (http://bit.ly/Dreusicke)
aus einer 47minütigen Keynote (http://bit.ly/Kff-EC5M) lediglich folgende zwei Sätze (mit jeweils 20 Sekunden Länge)
<Zitat1> "Es ist eine vergebliche Hoffnung, dass die junge Generation etwas von Informationmanagement versteht. Die werden auch nur noch Wischen können und erwarten, dass alles, was im Unternehmen ist, auch mit Wischen funktioniert." </Zitat1>
und
<Zitat2>"Aber denken Sie bitte daran, wenn wir über den Begriff der Kultur sprechen, dass das Ganze auch eine persönliche Herausforderung an Sie ist, wie Sie sich in Zukunft in dieser Informationsgesellschaft […] positionieren wollen: Als denkendes Wesen oder als Touchscreen-Wischer." </Zitat2>
als "streitbare Positionen" übriggeblieben sind!
Also nichts mit 2.0, Web 2.0 oder gar Web 3.0?
Offenbar nur ein verkappter Generationenkonflikt bei Zitat1 (den ich als RDI "Retarded Digital Immigrant" einfach aussitzen werde) und die Kritik an Zitat2, wo ich denjenigen Informationskonsumenten, die sich lediglich als "Touchscreen-Wischer" betätigen, mit diesem Bonmot die Kompetenz für ein verantwortungsbewußtes Leben in der Informationsgesellschaft abspreche.
Hier gibt es noch andere Meinungen zum Inhalt meines Vortrages, von Menschen, die zugehört haben (http://bit.ly/PJ5Dkn).
So gesehen also auch nichts mit "Hello 2.0" – oder, Herr Dreusicke? Und dafür die ganze Aufregung nach meiner Keynote und die Forderung nach einem öffentlichen Schagabtausch?!
P.S. Wer im Jahr 2013 noch mit "Hello 2.0" kommt, der hat meines Erachtens 10 Jahre verpennt!
Da ich Ihre Keynote nur zur
Da ich Ihre Keynote nur zur Hälfte gehört habe, hat sich mein Vorschlag einer öffentlichen Diskussion nicht auf sie, sondern auf Sie bezogen. In unserem anschließenden Gespräch hatten sich ja weitere Diskussionspunkte gezeigt. Da es hierzu meines Wissens keinen Video-Mitschnitt gibt, bin ich vor einer etwaigen Beauftragung zur Recherche Ihrerseits vermutlich halbwegs sicher.
Die zeitliche Länge einer Aussage in Sekunden ist als Maß für deren Inhalt und Bedeutung aus meiner Sicht nur bedingt tauglich. Gruselig-Gestriges passt in wenige Worte.
p.s. Gerne nehme ich “Verpennen” als Thema mit auf.
Persönlich
Netter Kommentar, Herr Dreusicke. Es geht also nach Ihrer Meinung nicht um die damaligen Inhalte sondern um meine Person und meine Sicht auf die "Welt". "Gruselig-Gestriges" ist ein schöner Einstieg wenn es um die persönliche Sicht gehen soll. Lesen und Zuhören bei inhaltlichen Beiträgen muss man auch nicht. Und die Begrüßung "Hello 2.0" ist heute im Jahr 2013 natürlich noch genauso aktuell wie damals vor einem Jahrzehnt. Ich bin gespannt, wie sich unser Moderator das thematisch zusammenbaut. 🙂