Fünf Fragen zu RPA

13. März 2019 13:22 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Fie Fachpublikation “Der Prozessmanager” (https://der-prozessmanager.de) hat ein Interview mit Dr. Kampffmeyer geführt, dass sich am Hype rund um #RPA Robotic Process Automation entzündete: Hier geht es zur Quelle: http://bit.ly/RPA_BPM

5 Fragen an … Dr. Ulrich Kampffmeyer 

Auf Ihrer Website diskutieren Sie im Artikel „RPA – ein neuer Hype-Begriff?“ über die Robotic Process Automation (RPA). Wie definieren Sie den Begriff?

Dr. Kampffmeyer:  Schwierig, schwierig. RPA steht für Robotic Process Automation. Dieses Akronym und dieser Begriff tauchen in 2018 immer häufiger auf. So z.B. auch bei der jüngsten Firmenübernahme in den USA von Kofax mit Nuance und KnowledgeLake mit RatchetSoft. Bei der Übernahme von RatchetSoft ist besonders interessant, dass RatchetSoft explizit als RPA-Anbieter ausgewiesen wird, da sich hier die Entwicklung von RPA als neuer Marketing-Begriff nachvollziehen lässt. Sieht man sich ältere Versionen der Ratchetsoft-Webseite an, so sind diese zunächst als Anbieter für eine Integrationsplattform, dann ging es um den “Ratchet-X Magic Button” und 2017 wurde aus dem Magic Button dann Ratchet-X RPA – People, Process, and of course, Robots. Man hat sich hier des neuen Trendtheams “bemächtigt”. So wird dann aus dem Magic Button der neue Hype Robotic Process Automation. Aber sehen wir uns einmal die einzelnen Begriffsbestandteile an:

Robotic: geht an man an die Wurzeln des tschechischen Begriffs “Robot”, der mit Frondienst, Zwangsarbeit und Knechtschaft übertragen werden kann. Das wollen wir doch nicht wirklich, oder? Der heutige Roboter-Begriff umfasst Maschinen, die mechanisch oder per Software weitgehend automatisch und autonom agieren. Klassische Roboter werden in der Industrie eingesetzt. Aber wer sind die Roboter am Büroarbeitsplatz? Soll dies die Arbeitsplatz 4.0 Software sein? Robotic stehen so gesehen also eher für automatisch ablaufende Softwarefunktionalität. So wird “Robotergesteuerte Prozessautomatisierung” in Wikipedia als Weiterentwicklung von Prozesssteuerung gesehen, bei der Künstliche Intelligenz und die Übernahme von Menschen vorgenommen Eingaben durch die Software selbst eine wichtige Rolle spielen. So wird aus dem “Magic Button” bei RatchetSoft jetzt der “Roboter”.

Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt die beiden anderen Begriffe, “Process” und “Automation”. Diese sind uns länger vertraut. Business Process Management setzte schon immer auf Automatisierung mittels Prozesssteuerung und automatischer Verarbeitung. BPA Business Process Automation ist der nächste logische Schritt. Automation ist so gesehen schon einmal redundant zum Begriff Robotic. Beides zielt auf das Gleiche ab. Und dass es schon immer um Prozesse ging, bereits in den Hochzeiten der Begriffe Workflow und Vorgangsbearbeitung, ist sicher unstrittig. BPM, BPA und Workflow hatten immer die Aufgabe, Prozesse möglichst zu automatisieren, fehlertolerant zu gestalten, den Menschen in den Geschäftsprozessen von langweiligen Arbeiten zu entlasten (und eben nicht zum Roboter zu machen).

Man kann also die Gleichung aufmachen, RPA = Business Process Management mit verstärkter – weil begrifflich doppelt vorhanden – Automatisierung; oder noch einfacher … “Production Workflow”. Wie schon immer.

Was sind die Vor- bzw. Nachteile, die Ihrer Meinung nach mit Robotic Process Automation verbunden sind?

Dr. Kampffmeyer: RPA, so wie es heute von den meisten Anbietern verstanden wird, dient zum überbrücken von häufigen und gleichförmigen Arbeitsschritten am Desktop. Der Anwender sieht zu wie sich automatisch Felder füllen, Masken auftun und Daten hin-und-schwirren. Aber letztlich widerspricht dies dem Geist einer effizienten Prozessteuerung, die durchgängige Prozesse mit automatischem Datenabgleich liefern sollte – quas im Hintergrund, Server-basiert und für alle Anwender gleichermaßen. Mit RPA Robotic Prozess Automation ist man quasi schon im bisherigen Arbeitsumfeld von Ad-hoc-Workflow und Collaborative-Workflow angekommen, nur dass hier durch Makros Prozesse wiederholt werden können. Was dabei auf der Strecke bleibt ist die Standardisierung und die Nachvollziehbarkeit von Prozessen im Unternehmen.

Positiv ist allerdings zu vermerken, dass sich mit RPA beim Endanwender durch die Anpassungsfähigkeit sehr schnell Akzeptanz für digital unterstützte Prozesse schaffen lässt. Hierauf zielen auch viele Unternehmen, wenn sie RPA auf ihre Prioritätenlisten setzen. Schnell, individuell Lösungen schaffen, die auf Server-Ebene und mit der Integration vieler Anwendungen sehr viel Arbeit machen. Das ist auch der Grund, warum aus dem derzeitigen Hype auch sich auch noch ein richtiger Trend entwickeln kann. Nicht umsonst kaufen gerade ECM-, Information-Management- und BPM-Anbieter RPA-Software oder gleich RPA-Anbieter zu.

Wie beeinflusst RPA das Business Process Management (BPM)?

Dr. Kampffmeyer: RPA beeinflusst BPM aktuell sehr stark, weil es Lücken schnell füllt und Aufwand reduziert. Allerdings widerspricht die Architektur von RPA den Standard-Modellen mit Rules-Engines usw. auf Server-Ebene. Klassische BPM-Lösungen müssen daher einige Klimmzüge machen, um RPA sinnvoll zu integrieren, z.B. in die Audit-Trails zur Nachvollziehbarkeit der Prozesse. BPM wie auch RPA schielen aber derzeitig auf andere neue Technologien – besonders KI und Machine Learning. Die Beobachtung des Anwenders und seiner manuellen Prozessschritte gab es schon in fortgeschrittenen BPM-Lösungen, die dies zur Generierung von Standardprozessen und zur Optimierung der Prozesse nutzten. Die Ansätze waren da, aber sind nicht so ganz erfolgreich gewesen. Bei RPA wird ebenfalls der Anwender „beobachtet“ und seine Arbeitsschritte mit den entsprechenden Daten nachgebildet. Auch hier ist noch die Prozessdurchführung durch den Menschen der Maßstab. Die wirklich interessanten Themen der Automatisierung bleiben bei RPA (und zum Teil auch bei BPM und BPA) eher im Hintergrund.

Dies sind selbstlernende Systeme, sich selbst konfigurierende und integrierende Software, Lösungen, sich selbst-optimierende Prozesse, die mit Bigdata Analytics Entscheidungen begründen oder übernehmen, die den Menschen als natürliches Hindernis im stromlinienförmigen Geschäftsprozess nach Möglichkeit entfernen. So wird aus dem Menschen nicht der Roboter sondern die vorm Bildschirm degeneriende ehemalige Human Ressource in Gestalt einer Couch Potato. Da sich Menschen vielfach durch ihre Arbeit definieren, wird dies noch zu psychologischen Problemen bei den Menschen und Verwerfungen in der Gesellschaft führen.

Warum ist die automatisierte Prozessautomatisierung für Unternehmen des 21. Jahrhunderts von Bedeutung? (Stichwort: Arbeitsplatz 4.0)

Dr. Kampffmeyer: Automatisierung war schon immer ein Thema von Workflow und BPM. Automatisierung ist die Schlüsselkomponente auch aller aktuellen KI.-Bestrebungen. Sie fragen, warum ist wichtig sei … Die Produktionsprozesse von Gütern sind bereits weitgehend automatisiert. Die Büros sind so etwas wie eine letzte Insel der Glückseligkeit, in die die Automatisierung jetzt erst Einzug hält. Wobei Ihr Stichwort „Workplace 4.0“ auch nur wieder ein hohles Schlagwort ist. Wir automatisieren im Bereich der Informationserfassung um den Flaschenhals der manuellen Erfassung und Verschlagwortung zu überwinden. Wir automatisieren beim Finden von Informationen um die richtigen, aktuellen Daten und Dokumente ohne „Suchen“ dem Anwender zuzuliefern. Wir automatisieren bei den Prozessen, die immer mehr im Hintergrund, als „Dunkelverarbeitung“ ohne menschliche Eingriffe ablaufen. Wir automatisieren bei der Verlagerung von Tätigkeiten, in dem Daten aus anderen Systemen genutzt werden oder gleich die Kunden und Lieferanten zur Datenerfassung und Eigenrecherche verdammt werden. Wir automatisieren die Prozesse in den Rechenzentren und gehen mit diesen in die Cloud. Wir automatisieren Business Intelligence und BigData-Analytics. Da ist das bißchen Automatisierung auf der Oberfläche des Arbeitsplatzes mittels RPA ein Klacks.

RPA wird nicht der/dem Büroarbeiter*in im Standardprozess helfen, aber beim projektorientieren Arbeiten oder bei der/beim sogenannten Wissensarbeiter*in macht RPA durchaus Sinn. Und Standardanwendungen wie Microsoft Office365, Sharepoint-online und Teams könnten zur besseren Integration auch ruhig ein wenig Robotic Process Automation vertragen.

Welche ersten Schritte raten Sie Anwenderunternehmen beim Thema Robotic Process Automation?

Dr. Kampffmeyer: Robotic Process Automation ist kein Wundermittel. RPA ist nicht das Mittel um schlechte Prozesse besser zu gestalten, in dem man das Werkzeug dem Anwender zur Verfügung stellt. Deshalb ist das Wichtigste, dass das Anwenderunternehmen sich erstmal klar werden muss, was mit RPA erreicht werden soll. Wie immer bei solchen Vorhaben, die Definition der Ziele (und Nicht-Ziele!). natürlich spielt die Softwareumgebung, in der RPA zum Einsatz kommen soll, eine wichtige Rolle.

Und die Anwender müssen auch über die möglichen Risiken der automatisierten Prozesse was Richtigkeit und Qualität angeht, informiert sein. Auf jeden Fall sollte man nicht den hehren Versprechungen der Anbieter Glauben schenken: „A Fool with a Tool is still a Fool“. Es muss abgewogen werden, welche Prozesse auf welcher Ebene im Unternehmen gesteuert, d.h. automatisiert und kontrolliert, werden sollen. RPA wird so eher zur Ergänzung des Arbeitsplatzes denn zum Fokus der Nutzungsmodelle im „Workplace 4.0“ werden. Bis dieser realisiert ist, werden längst andere Säue durchs Dorf getrieben und neue Akronyme unters Volk geworfen.

 

Zum Beitrag auf “Der Prozessmanager” https://der-prozessmanager.de/aktuell/interviews/5fragen-kampffmeyer-rpa

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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