Migration

Migration im Umfeld des Informationsmanagement bedeutet die Verlagert von Informationen aus einer Umgebung in eine andere Umgebung.

Migrationen können unterschiedlich komplex sein. je nach dem nur Speicherausgetauscht oder ein komplettes System inklusive Client-Anwendung, Fachlogik, Datenbank und Speichern durch ein neues System ersetzt werden soll.

Definition aus Wikipedia

Eine Migration (aus lateinisch migratio ‚Übersiedlung‘) oder Portierung (aus lateinisch portatio für ‚herbeischaffen‘) ist in der Informationstechnik ein Umstellungsprozess in Datenverarbeitungssystemen.

Der Begriff der Migration ist vielschichtig. Er kann sowohl die Umstellung insgesamt als auch jeden darin eingeordneten Anpassungsprozess einzelner Bestandteile des Systems bezeichnen. Beispielsweise bedeutet bzw. beinhaltet Migration von einem Betriebssystem auf ein anderes in der Regel zugleich die Migration von Anwendungssoftware und Daten.

Im Umfeld des Informationsmanagements gibt es neben den Neuinstallationen oder dem Ausbau vorhandener Systeme einen weiteren, immer interessanter werdenden Markt: die Migration von Altlösungen. Zahlreiche Anwender, die bereits in den 80er und 90er Jahren sich für ein elektronisches Archiv, ein Dokumenten-Management-System oder eine Workflow-Lösung entschieden hatten, sehen inzwischen dem zweiten oder gar dritten Systemwechsel entgegen. Hierbei kommt immer häufiger nicht mehr der ursprüngliche Realisierungspartner sondern ein Wettbewerber zum Zuge.

Gründe für Migrationen gibt es viele: die Betriebssystemplattform hat sich geändert und die ursprüngliche Software ist nicht mehr hundertprozentig lauffähig, bestimmte Typen optischer Speicher oder speziell angefertigter Jukeboxen werden nicht mehr unterstützt, die Integrationsfähigkeit der Lösung ist auf Grund überholter Schnittstellenspezifikationen nicht mehr in moderne Softwareumgebungen integrierbar, und viele mehr. Entscheidend ist, daß die Anwender selbst bei älteren Archivsystemen die Erkenntnis gewonnen haben, daß die Information auch weiterhin für das Geschäft wichtig ist. Elektronische Archive stellen das Gedächtnis der Informationsgesellschaft dar – wie es Erkki Liikanen, EU-Kommissar, in treffende Worte kleidete.

Für eine Migration gibt es unterschiedliche Strategien. Man kann sie in eine „harte“, eine „weiche“ und eine „integrative“ unterteilen.

Harte Migration

Bei der „harten“ Migration werden Datenbanken komplett umgestellt, die Anwendung erneuert oder ersetzt und – als wichtigstes Merkmal – die Dokumente und Daten von den ursprünglichen Medien auf neue, höher kapazitative umkopiert. Dies ist aufwendig, langwierig und teuer. Manche Unternehmen wie ein Computerzentrum in Kalifornien sehen solche Migrationen aber als Grundlage, um den technologischen Wandel nachvollziehen zu können – sie kopieren alle drei Jahre mehrere Terabytes um. Bei einer solchen Migration schaffen es aber die Anwender selten, Informationen gezielt auszusondern, die nicht mehr benötigt werden – es wird 1:1 umkopiert.

„Harte“ Migrationen beinhalten jedoch auch die Chance, Aufwände wieder tragbar und sinnvoll zu machen. Häufig war bei älteren Installation noch nicht absehbar, unter welchen Gesichtspunkten die gespeicherten Informationen zukünftig benötigt werden. Vielfach wurden zu wenige Indizes oder gar die falschen vergeben. Durch moderne Technologien der automatischen Klassifikation, die inzwischen Produktreife erlangt haben, kann man einer Migration nicht nur vernachlässigbare Dokumente, deren Aufbewahrungsfirst abgelaufen ist, aussondern, sondern auch parallel eine Neuindizierung vornehmen.

Weiche Migration

Bei einer „weichen“ Migration werden häufig nur die Datenbanken und die Anwendung migiert. Parallel werden neue Speichersysteme installiert. Durch Zusatzprogrammierung wird der Zugriff auf die Alt-Archiv-Systeme ermöglicht, die dann sukzessive ausaltern und nach einiger Zeit nicht mehr genutzt werden. Dieser Weg ist jedoch nur gangbar, wenn die Schnittstellen der Alt-Archivsysteme ein solches Verfahren unterstützen, die archivierten Daten und Dokumente auch ohne Einbußen in der bisherigen Form zur Anzeige gebracht werden können und weiterhin Support für die Alt-Komponenten gewährleistet ist. Dieser Weg wird meistens dann beschritten, wenn man nicht das Produkt und den Hersteller wechselt.

Integrative Migration

Die „integrative“ Migration geht noch einen Schritt weiter als die „weiche“, basiert aber auf ähnlichen Prinzipien. Grundidee der „integrativen“ Migration ist die Annahme, daß eine anstehende Migration nicht die letzte gewesen sein wird und daß es sinnvoll ist, die Systemarchitekturen so auszulegen, daß Migrationen in Zukunft vermieden werden können. Hierzu wird in der Regel eine Middleware-Schicht eingezogen, die es erlaubt mit standardisierten Mitteln auf unterschiedliche Index-Datenbanken, Meta-Datenbanken wie Lokalisierer oder neu eingerichtete Master-Index-Lösungen sowie auf Archive und Repositories unterschiedlichen Alters, differenter Struktur und verschiedener Hersteller übergreifend zuzugreifen. Die Middleware-Schicht fängt damit alle Veränderungen auf der Anwendungsebene ab, stellt Konverter zur Verfügung und reduziert bisherige DMS-Anwendungen auf reine Speichersubsysteme, die ihre Daten und Dokumente als nachgeordneten Dienst unterschiedlichen Anwendungen zur Verfügung stellen. Ein PROJECT CONSULT Kunde hat hierfür die treffende, aber zungenbrechende Bezeichnung „produktflexible Zwischenschicht“ oder „ProdFlexZwiSchi“ gefunden. Langfristig gesehen ist diese Form, eine „harte“ Migration generell zu umgehen, der sicherste Ansatz. Angesichts der immer häufiger und immer schneller voranschreitenden Mergers&Acquisitions in allen Branchen ist die „ProdFlexZwiSchi“ manchmal die einzige Chance, Informationen aus unterschiedlichen Systemen zusammenzuführen.

Spätere Migrationen sind einerseits bereits beim Design einer neuen Lösung, bei der Standardisierung von Speicherformaten und Schnittstellen zu berücksichtigen. Andererseits muß der Anwender aber auch das notwendige Übel Migration als Chance begreifen, seine Informationen besser zu erschließen und zukunftssicherer bereitzustellen. Ausschlaggebend ist der Wert der Information – und ein schlecht erschlossenes elektronisches Archiv ist genauso wertlos wie die im Bunker ausgelagerten Papierdokumente. (Dr. Ulrich Kampffmeyer 2002, aktualisiert 2019)

Typen von Migrationen und deren Prozesse

Die Migrationstypen und deren Techniken unterscheiden sich trotz ihrer Ähnlichkeit in mehreren Punkten. die üblichsten Typen der uns bekannten Migration aus dem IT Bereich sind:

  • Softwaremigration

Bei der Softwaremigration wechselt ein bereits bestehendes System von dem einen Programm in das Andere. Anders gesagt, die bereits bestehende Umgebung wird grundlegend technologisch gewechselt und oder erneuert.
Diese Umgebungsänderung läuft in der Regel schrittweise und problemlos ab. Beispiele hierfür sind:

  • Die Übertragung eines Programms in eine andere Programmiersprache
  • Die Anpassung von plattformgebundener Software an ein anderes (Hardware-) System
  • von einem Major Release auf das nächst höhere desselben Softwareanbieters umgestellt wird, z.B. Industriekunden, die noch ein altes SAP R/2-Informationssystem in Betrieb haben und auf SAP R/3 oder mySAP wechseln wollen
  • Datenmigration

Bei der Datenmigration handelt es sich wie der Name schon verrät, nicht um die Umstellung des Programms in eine neue Umgebung, sondern viel mehr um die im alten Programm enthaltenen Datensätze welche ihren Platz wechseln. Dies passiert beispielweise sobald ein Altsystem ausrangiert wird und bestehende Daten in ein neues System übertragen, beziehungsweise “migriert” werden. Beispiele für die Datenmigration sind:

  • Eine Bank ersetzt ein selbstentwickeltes System durch Standardsoftware. Es reicht nicht, nur die Standardsoftware zu installieren. Kundendaten, Konten und Kontostände müssen auch übernommen werden.
  • Die Konvertierung in eine andere Zeichenkodierung
  • Die Übertragung von Datenbanken
  • Die Übertragung von Textdokumenten, die Makros enthalten, auf ein anderes Office-Format
  • Die Übertragung von Tabellenkalkulationen, die eigene Formeln beinhalten
  • Anwendungsmigration

Die Anwendungsmigration betrifft nur Anwendungen welche gewechselt und oder erneuert werden. Bei diesem Prozess kommen sowohl Elemente der Software-Migration als auch der Datenmigration zusammen, sie wird vor allem dann durchgeführt, wenn neue Hardware zum Einsatz kommt welche größere technische Anforderungen an die Anwendung hat.

Eine sorgfältige Planung und Durchführung ist entscheidend zur Wahrung der Datenkonsistenz und reibungslosen Wechsel der Funktionalität von der alten auf die neue Anwendung!

  • Hardwaremigration

Eine Migration auf Hardwareebene ist mit ähnlichem Aufwand verbunden wie die softwareseitige Migration nur dass sich hierbei die Schnittstellentreiber meist zwangsläufig mit einer gewissen Softwaremigration verbinden müssen.
Eine Datenmigration wird dabei tunlichst vermieden. Ein gutes Beispiel für eine Hardwaremigration ist:

  • Der Übergang einer klassischen Ethernet-Technologie in eine ATM-Technologie unter Beibehaltung der strukturierten Verkabelung.

Die Migration von Archivsystemen ist keine Ausnahme, sondern ein Standardprozess bei der langzeitigen Aufbewahrung von Informationen.

Die spätere Migration ist daher schon bei der Neuinstallation einer Lösung zu planen und zu testen.

Dr. Ulrich Kampffmeyer,
Seminar Elektronische Archivierung, 1994

Ressourcen

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer