ECM & Weiterbildung

7. Juli 2017 10:06 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Vielen Unternehmen der ECM-Branche geht es gut. Dies führt vermehrt zu Nachfragen nach geeignetem Personal. Und so wird man in Gesprächen nicht nur nach potentiellen Kandidaten gefragt sondern es wird auch immer wieder über das Thema Qualifizierung, Ausbildung und Weiterbildung lamentiert. Diese Klagen sind systemimmanent und verdienen dennoch eines tieferen Blickes in die Problematik der Branche. 

Keine akademischen Abschlüsse für ECMler

An keiner Universität und keiner Hochschule in Deutschland kann man einen Abschluss in Enterprise Content Management machen. Aus dem Bereich der akademischen Ausbildung kann man höchstens auf Archivare, Bibliothekare, Dokumentare, Informationswissenschaftler, Wirtschaftsinformatiker und Informatiker zurückgreifen. Diese bringen viel Wissen mit, aber wenig, was mit den tatsächlichen Aufgaben in Projekten zur Einführung von Enterprise Content Management (wir belieben trotz der laufenden Diskussion einfach mal beim bisherigen Terminus) zu tun hat. Einzelne Kurse zu Enterprise Content Management gibt es nur bei wenigen Fachhochschulen und Universitäten. Der Fokus der Branche selbst, sei es nun DMS, ECM oder EIM schränkt bei der Gewinnung jungen Personals zweifach ein: zum einen streben junge agile Wirtschaftsinformatiker nicht zu kleineren traditionellen “ECM”-Anbietern sondern eher zu aufstrebenden, innovativen Unternehmen und zu den großen Internet-Playern. Zum zweiten sind die adressierten Themen selbst – Dokumentenmanagement, Archive, Workflow, Output-Management etc. wenig interessant für viele Absolventen. Einige Anbieter setzen daher darauf, über Werkstudenten und Diplomanden (heute Bachelor und Master) sehr früh geeignetes Personal zu gewinnen, in dem man während des Studiums diese bereits ins Haus holt. 

Anbieter bilden selbst aus

Bei den meisten ECM-Lösungsanbietern setzt man auf eigene Ausbildung des Personals und der Partner. Noch immer ist die Branche von Quereinsteigern dominiert, die aus anderen Berufen in das Thema ECM gewechselt sind. Das Problem bei den Anbietern ist dann nur die “Produktlastigkeit” der Ausbildung und wenn man nur einen Hammer hat sieht man bei den späteren Kunden auch nur Nägel.

Aber auch auf Seiten der Anwender sieht es nicht besser aus. Dies zeigt sich z.B. wenn man für einen regulierten Bereich eines Unternehmens in Deutschland einen ausgebildeten Records Manager sucht. Da es für Records Management (außer Schriftgutverwaltung in der öffentlichen Verwaltung) keine Ausbildung gibt, muss man auf Personal aus dem Ausland zurückgreifen und guckt dann zuerst in die Schweiz. Records Management ist in Deutschland weder als Begriff noch als akademische Ausbildung eingeführt. Ähnlich sieht es auch in anderen Arbeitsgebieten von ECM aus. Bei dem Thema Archivierung gibt es scheinbar ein passendes Angebot an Hochschulabsolventen, jedoch haben diese ihre Ausbildung mit Schwerpunkt historische Archive und nicht mit den Anforderungen der freien Wirtschaft erhalten.

Internationale Zertifikatkurse OK, aber deutsche Kurse?

Also rufen viele Anbieter nach Aus- und Weiterbildung für ihr Personal (wo sich Anwenderorganisationen dann eher für ein Projekt einen Berater einkaufen). International gibt es solche produktunabhängigen Weiterbildungskurse, sei es von der ARMA zum Thema Records Management oder von der AIIM zu Records Management, Enterprise Content Management und Business Process Management sowie zum CIP Certified Information Professional. Die Kurse werden sogar in Deutschland und in deutscher Sprache angeboten. Dennoch ist die Nutzung dieser Angebote kaum gegeben. Auch die deutschen Verbände, die sich um das Thema ECM im weiteren Sinne bemühen – BITKOM/ECM, VOI oder DOXNET – bieten hier praktisch gar nichts. Die DGI hat ein Weiterbildungsangebot, fokussiert sich auf andere Anforderungen als die ECM-Branche benötigt. Auch die Ausbildung zum IHK-Wissensmanager in Darmstadt trifft nicht den Bedarf. Unternehmensberatungen wie Zöller & Partner haben zwar einen Standardkurs zu ECM im Angebot, aber mit zwei Tagen ist man nur ansatzweise informiert.

So ist es denn in Deutschland um Ausbildung und Weiterbildung mäßig bestellt. Es wäre Aufgabe der Verbände, dies zu ändern und sowohl im akademischen Bereich wie auch selbst Ausbildungen und Weiterbildungen anzubieten.

Internationale Zertifikatkurse für ECMler in Deutschland

Bei PROJECT CONSULT haben wir uns mit dem Thema Weiterbildung auf verschiedenen Ebenen auseinandergesetzt. So bietet PROJECT CONSULT neben eigenen Kursen auch eine Reihe von internationalen Zertifizierungskursen an:

Leider kamen in den letzten Jahren zunehmend öffentliche Kurse nicht mehr zu Stande oder mussten mangels Teilnehmern abgesagt werden. Das Interesse an den Kursen liegt außerdem – was sehr positiv ist – mehr bei Anwenderunternehmen als bei Anbietern wie Herstellern, Integratoren, Systemhäusern oder Beratern. Während bei den Anwendern das Interesse mehr auf der konkreten Durchführung von einzelnen Projekten liegt, bieten solche Weiterbildungsprogramme gerade den Anbietern die Möglichkeiten, unterschiedliche Wissenstände in Vertrieb, Consulting, Realisierung und anderen Bereichen zu harmonisieren und eine gleichmäßige Wissensbasis für alle zu schaffen. Leider sind gerade diejenigen, die sich häufig beklagten, dass es keine Weiterbildung in der ECM-Branche gibt, eher selten zu sehen.

PROJECT CONSULT zu Aus- und Weiterbildung: Vorträge & Whitepaper 

Das Thema Ausbildung und Weiterbildung haben wir aber auch in Vorträgen und Publikationen adressiert – eine kleine Auswahl:

  • 2014 Vortrag “Die Profession des Information Management Professional” (Folien; Video)
  • 2014 Vortrag zum CIP Certified Information Professional (Folien
  • 2009 Vortrag “Wer braucht noch Archivare und Records Manager?” (Folien, Video) zur Berufsbildung Archivar/Records Manager/Dokumentar
  • 2006 Vortrag zum CDIA+ Kurs (Folien
  • 2003 DLM / AIIM / PROJECT CONSULT Whitepaper “E-Learning & E-Term” Weiterbildung für Archivare 
  • 2002 DLM / AIIM / PROJECT CONSULT Whitepaper “Education, Training & Operation” vom Archivar zum Information Manager 
  • 1999 HAW “Ausbildung zum Mediendokumentar” (Kommentar)

Ausblick

Generell dürfte es aber für das Thema Weiterbildung im speziellen Segment Enterprise Content Management fast zu spät sein, da sich die Branche von diesem Konzept entfernt. Aus- und Weiterbildung in Richtung Informationsmanager, Wissensmanager oder auch Digital Transformation Officer dürfen attraktivere Angebote werden. Unabhängig, wie man diese Kurse und Weiterbildungsmaßnahmen nun benennt – Weiterbildung und Qualifikation von Mitarbeitern ist essentiell für das Wachstum der Branche wie auch für den Erfolg der Projekte. In dem Maße, wie sich die Branche in Richtung Information Management öffnet, wird sie wieder interessanter und gewinnt Anschluss auch an die akademische Ausbildung und Weiterbildung. Dies können einzelne Unternehmen nicht allein bewirken – hier ist die Branche mit ihren Verbänden gefordert. 

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

Ein Kommentar zu “ECM & Weiterbildung

  • Deutsche oder original englische Kursunterlagen?
    24. November 2017 um 9:59
    Permalink

    Der internationale Dachverband AIIM (Association for Intelligent Information Management) bietet seit Jahren qualifizierte Zertifizierungskurse zu Enterprise Content Management, Information Management, Records Management, Business Process Management und anderen Fachthemen an. PROJECT CONSULT bietet diese Kurse in Deutschland an. Diese Kurse wurden in englischer Sprache und für den internationalen Markt konzpiert. Unterlagen und Tests sind daher auch in Englisch. Für deutschsprachige Teilnehmer bedeutet dies manchmal eine Hürde. Andererseits hat das englischsprachige Material den Vorteil, dass es einen einheitlichen internationalen Qualitätsstandard gibt, man sich auch deutschsprachige Teilnehmer intensiver mit der internationalen Fachbegrifflichkeit auseinandersetzt und besser das zusätzliche Material wie Studien, Videos, Checklisten nutzen kann. Die Kurse in Deutschland werden daher in deutscher Sprache aber mit dem original Material gehalten. So erhält der Teilnehmer auch eine höhere Sicherheit beim Absolvieren der englischsprachigen Tests.

    Auch der Zertifikat-Kurs der AIIM, CIP Certified Information Management Professional, ist vom Material und dem Test im Testcenter her in Englisch ausgelegt (http://bit.ly/PCHHCIP). In der internationalen Community der Information Professionals regt sich aber auch die Frage, den Kurs auch in Bezug auf die Unterlagen (zumindest die Folien) und den Test in anderen Sprachen anzubieten. Diskutiert werden hier aktuell Russisch, Spanisch und brasilianisches Portugiesisch (https://twitter.com/jessewilkins/status/932630029430747136).

    Unsere Frage an Sie – den CIP Certified Information Professional auch mit deutschen Unterlagen und deutschsprachigem Test anbieten? Oder bei englischsprachigen Original bleiben? 
    Würden Sie eher einen solchen Kurs besuchen, wenn nicht nur Kurssprache sondern auch Material und Test in deutscher Sprache wären?

    Wir freuen uns über ein kurzes Feedback!

    Antwort

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