Spigraph übernimmt Dicom

30. Januar 2014 22:30 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Spigraph und Dicom sind nun eine Firma, d.h., Spigraph hat Dicom übernommen. Das Übernahmegeschäft wurde erstmals am 11.01.2014 öffentlich und vollzog sich am 13.01.2014. Die offizielle Pressemitteilung gab es dann am Abend des 29.01.2014.

Hierzu Daniel Chautard, Vorsitzender der Spigraph International: „Mit der Vereinigung der Kräfte von Spigraph und Dicom ist die neue Gruppe für die Herausforderungen der kommenden Jahre hervorragend aufgestellt. Unternehmen sind heute mit ständiger technologischer Evolution konfrontiert. Ein Partner, der in der Lage ist, sie beim Management ihrer geschäftlichen Dokumente und Prozesse optimal zu unterstützen, ist daher wichtiger als je zuvor. Ob Papier oder Web, Mobilität oder Cloud – unsere Aufgabe besteht darin, die besten verfügbaren Lösungen zum richtigen Zeitpunkt ausfindig zu machen und unsere Kunden und Partner bei deren Einführung zu unterstützen, wobei die Rentabilität immer im Vordergrund steht!“  Was so halt Vorsitzende bei solchen Gelegenheiten sagen. 

Die Vorgeschichte mit Kofax und Dicom bildet die Bühne für den Merger/die Übernahme. Kofax hatte 1999 das im Jahr 1991 gegründete Unternehmen Dicom übernommen. Dicom wurde zunächst vollständig inkorporiert. Eine Zeitlang opperierte Kofax sogar als "Mitglied der Dicom-Gruppe". In 2011 wurde Dicom wieder ausgegliedert. Die Melange Kofax/Dicom funktionierte aus verschiedenen Gründen nicht. Eigene KOFAX-Softwareprodukte traten immer häufiger in direkte Konkurrenz zu Lösungen, die von Channel-Partnern von Dicom auf Basis von KOFAX-Modulen entwickelt worden waren. Das ursprüngliche Hardware-Geschäft von Dicom passte dann doch nicht in die Strategie von Reynolds Bish . KOFAX trennte sich wieder von Dicom und damit auch vom Hardwaregeschäft (auch wenn es immer noch einige kleine Hardwarekomponeten im KOFAX-Produktportfilio gibt). So hatte dann Joachim Froning die Möglichkeit, Dicom wieder als eigenständiges Unternehmen zu führen. Im Herbst 2013 holte man sich das Rudi Gessinger (zuvor FileNet, dann Saperion, danach Privatier und Unternehmensberater) ins Boot, um den Übergang in die Spigraph umzusetzen. In 2013 übernahm Spigraph den Anbieter ALOS in der Schweiz, die ebenfalls auch etwas im Distributionsgeschäft mitmischte. Dazu gab es dann Statements, dass diese Übernahme und auch die bestehende Kooperation zwischen Kofax und Spigraph keine "Bedrohung" für das Geschäft von Dicom darstelle. Man sähe ALOS mehr im Systemintegrationsgeschäft und nicht im VAD (value added distribution), obwohl ALOS natürlich auch Capture-Produkte vertreibt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürften die Gespräche zur Übernahme von Dicom durch Spigraph angefangen haben.

Interessant ist dieses Geschäft alle mal: 

  • Es ist die erste von mehreren Übernahmen im ECM-Sektor, die 2014 zu erwarten sind. 
  • Spigraph aus Frankreich expandiert aggressiv und stattete sich hierfür 2011 mit Venture-Kapital aus. Das Unternehmen wurde erst 1997 gegründet und ist jetzt durch die Übernahme von Dicom der größte und wichtigste Distributor für Hardware- und Softwarekomponenten im europäischen ECM-Markt. Es ist noch Geld da, für weitere, allerdings kleinere Übernahmen.
  • Die Vertriebsschwerpunkte von Dicom und Spigraph ergänzen sich gut. Dicom war in Frankreich nie sehr stark und Spigraph gewinnt den deutschsprachigen Raum hinzu, wo man das französische Unternehmen bisher wenig wahrgenommen hatte. Die Übernahme gewinnt so auch wirklich den Charakter eines Mergers, da eine Überlappung der Vertriebsgebiete kaum gegeben war. Nun sollen es zusammen 6000 Partner in 20 Ländern sein. 
  • Dicom gewinnt mehr Stärke und kann sich endgültig freischwimmen. Ob und in welchem Umfang dann aber nun die Franzosen in die Geschäfte von Dicom hineinregieren, welche Marke in Zukunft erhalten bleibt oder das Dach für die Gruppe bildet – bei all diesen Branding- und Positionierungsfragen muss man noch etwas Geduld haben, wie sich die Deutsch-Französische Freundschaft hier entwickelt. 

Joachim Froning wird Senior Vice President von Dicom/Spigraph Distribution (Rudi Gessinger setzt sich vielleicht jetzt wirklich mal auf seinem Anwesen in Frankreich zur Ruhe – sein Job bei Dicom ist getan).Wayne Davey, der bisherige CEO von Spigraph, wird CEO der Gesamtgruppe. Wer in Frankreich die Geschäfte übernimmt wurde nicht mitgeteilt. Der Sitz  von Spigraph wird im bisherigen Headquarter in Saint-Quentin-Fallavier sein. Dicom zieht zu ALOS.

Die Pressenotiz gab bekannt, das der kombinierte Gruppenumsatz bei insgesamt etwa 175 Millionen US$ (ca. 130 Millionen €) liegt. Dieser Betrag dürfte sich zur Zeit wohl etwa gleichmäßig aufteilen, so dass man von einem Merger Gleichgrroßer sprechen kann. In den 175 Millionen ist der wohl größere Anteil der  Dicom enthalten, für den  Kofax im Juni 2010 (für das Hardwaregeschäft und Teile der Distribution) noch 125 Millionen US$ angab. Als Spigraph ALOS im Jahr 2011 übernahm, lag der Spigraph-Umsatz bei ca. 65 Millionen US$. Einerseits dürfte Dicom fallende, geringere Umsätze in den Jahren 2011 bis 2013, andererseits Spigraph höhere Summen erwirtschaftet haben. Aber gemessen an den obigen Zahlen erscheint der Kaufpreis von 23,2 Millionen US$ sehr gering. 

Mit dem Margenverfall in der Distribution und dem Wegfall vieler Imaging-spezifischer Hardware und Komponenten (man erinnere sich an die lukrativen Geschäfte mit Monitoren, Jukeboxen und optischen Laufwerken im vergangenen Jahrtausend) wurde es für viele VADs und ISVs in den letzten Jahren eng.  im Fokus stand nunmehr das Scannen und Capture-bezogene Informationsverarbeitung. Von gut mit ECM versorgten Märkten wie Nordamerika und Europa verlagerte sich das Geschäft mehr in andere Regionen und Kontinente. Hier konnten die nationalen und regionalen europäischen Anbieter meistens nur schwer  folgen.Die Hersteller der Komponenten hatte hier andere Distributoren oder machten gleich selbst das Geschäft. Immerhin istd er Markt in Europa jetzt klar geregelt bzw. wird von Spigraph dominiert.

Das gemeinsame Unternehmen hat nunmehr mit ca. 400 Mitarbeitern ein anderes Gewicht und besitzt durch die ALOS-Übernahme auch Umsetzungs-Ressourcen. Der Markt rund um VADs (und ISVs mit Distribution) wird sich neu sortieren, aber keine großen Verwerfungen erleben. Interessant wird noch zu beobachten sein, wie das Verhältnis von KOFAX zu Spigraph/Dicom sich entwickelt, denn die Kofax-Software wird weiterhin angeboten werden.

Und außerdem wird es interessant sein, Kofax selbst im Auge zu behalten. Reynolds Bish hatte bereits schon einmal ein Capture-Unternehmen, seine CAPTIVA, im Jahr 2005 erfolgreich (an EMC) vertickert.

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

2 Kommentare zu “Spigraph übernimmt Dicom

  • SPIGRAPH übernimmt DICOM
    31. Januar 2014 um 20:13
    Permalink

    Ein Artikel der so auch in jedem Gute-nacht-geschichten-Buch stehen könnte, denn der eigentlich Treiber hinter dieser VAD Story wurde in keinem Wort erwähnt, der DICOM Investor die HANNOVER FINANZ die das Asset DICOM bereits per Ende 2013 nicht mehr zum Portfolio zugehörig ausweist…
    Hier hat wohl der betreuende Vorstand für diese Anlage mittels neuem Berater G.dafür sorgen lassen, dass zwar keine 2-stellige Rendite erzielt wird, aber zumindest, das Risikogeschäft Hardware nicht weiter belastet. Der günstige Kaufpreis beinhaltet vielleicht auch einen Vorsorge beitrag dass das Verkaufsobjekt für 3 Jahre nicht Pleite geht, um vielleicht Rückgriffe auf HF ins Gespräch zu bringen… Interessant bleibt wie die Darlehn ans Management der DICOM von HF beim Abverkauf aus der KOFAX bewertet, übertragen oder getilgt werden. Denn diese Assets lagen auch noch bei HF. Ich erlaube mir das selbstbestimmte Agieren zweier VADs etwas in Zweifel zu stellen, wenn hier mit Bündel Scheinen gewinkt wird.
    Jetzt ist der Markt gefordert diese Situation zu bewerten und den gemeinsamen ValueAdd der beiden Unternehmen zu honorieren.

    Antwort
  • Uaaa, ...schlecht
    10. Februar 2014 um 8:38
    Permalink

    Uaaa, …schlecht recherchiert und aufbereitet. Weder die Tatsache, KOFAX hätte Dicom übernommen, noch viele andere Teile stimmen so. Ob u.a. der Autor den Dicom Chairman beim Spitznamen mit privaten Vorlieben kennt etc. ist glaube ich für eine Newsmitteilung eines ansonsten äußerst professionellen Unternehmens wie PROJECT CONSULT nicht würdig. Ich würde eine Überarbeitung empfehlen. Die offizielle Pressemitteilung ist m.E. nahe an der Wahrheit, der Rest ist Kaffeesatzleserei. Herzlichst, einer der einen Hauch näher an der Wahrheit ist 😉

    Antwort

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