Update: MoReq2010 & MoReq2

28. Dezember 2011 14:45 Uhr  |  Dr. Ulrich Kampffmeyer  |  Permalink


Die DLM Forum Tagung in Brüssel, Dezember 2011, hat sich vorrangig mit MoReq2010 beschäftigt. Dennoch geht es auch bei MoReq2 immer noch weiter. Der Beitrag "Update: MoReq2010 & MoReq2" beleuchtet die aktuellen Entwicklungen um den MoReq Records Management Standard.

Anlässlich der DLM Forum Konferenz ( Download der Vorträge http://bit.ly/tIk2Hp ) wurde auch eine gedruckte Version von MoReq2010 verteilt. Diese hat einige wenige inhaltliche und redaktionelle Veränderungen zur veröffentlichten elektronischen Version des Standards. Die gedruckte Version soll zukünftig auch über das Publikationsbüro der Europäischen Kommission kostenfrei bestellbar sein:  http://bookshop.europa.eu/ ISBN 978-92-79-18519-9. Die gedruckte Version (mit ISBN der Europäischen Kommission) hat vorrangig den Zweck, die interlektuellen Rechte an MoReq2010 abzusichern. Da MoReq kein Standard eines Standardisierungsgremiums wie ISO, IEEE, OMG oder ähnlich ist, soll zumindest durch die Publikation seitens der Europäischen Kommission der Eindruck eines "offiziellen" Standards erzeugt werden.

Auf der MoReq-Webseite www.MoReq.info steht immer noch die MoReq2010 Version 1.0 http://bit.ly/k3lx5j . Auch die Test- und Zertifizierungsdokumente beziehen sich auf MoReq2010 Version 1.0 http://www.dlmforum.eu/index.php?option=com_jotloader&view=categories&cid=42_114d22273d1dffa39825dde3faedd569&Itemid=139&lang=en .

Wird sich MoReq2010 durchsetzen? Dieses Thema wurden nicht nur auf der DLM Forum Konferenz in Brüssel diskutiert. 

Marc Fresko, Autor von MoReq2, gibt einen kritischen Rückblick auf die DLM Forum Konferenz im AIIM ERM Blog. Seine Kritikpunkte sind das Testmaterial, das Testverfahren, die fehlenden Zusatzmodule und die mangelnde "Governance". 

Auch in Foren und auf Twitter wurden kritische Einschätzungen laut. Auf XING wird aktuell die Eignung und der Umfang der Test- und Zertifizierungs-Beta-Version-Unterlagen diskutiert: https://www.xing.com/net/​informationlifecyclemanagement/​records-management-2657/​de-dlm-forum-conference-2011-download-der-vortrage-more​q2010-test-framework-download-​39207271/39252273/#39252273 . Besonders die Bereitstellung einer kompletten Testumgebung für die Durchführung des Tests durch den Records-Management-System-Anbieter wird als fraglich angesehen (Absatz 4.1. im Dokument "MoReq2010 – Test Framework: Overview and Instructions v1.0 BETA". Möchte ein Anbieter sein API zerifiziert haben, steht dort: "The supplier must therefore provide the test centre with a test harness or client application in order for it to conduct and evaluate the test cases."). Erinnern wir uns: Das umfangreiche Testmaterial und die zahlreichen Testfälle für MoReq2 waren einer der Gründe, warum MoReq2 von vielen als zu aufwändig und komplex abgelehnt wurde. Jetzt das Gleiche noch einmal für MoReq2010 zu erstellen wird noch aufwändiger und komplexer durch die Kombinierbarkeit und Variabilität der einzelnen obligatorischen und optionalen Module. MoReq2 hatte hier den Vorteil, dass es geschlossener war und daher auch "testbarer". Das Vorgehen mit der Bereitstellung von kompletten Lösungen für den Test durch den Anbieter selbst trägt auch der Tatsache Rechnung, dass nunmehr nicht mehr nur "richtige" zertifizierte Test-Center, die technisch und methodisch auf Softwaretestung eingerichtet sind, sondern auch andere Prüfer die Kompatibilität feststellen können sollen. Damit haben wir einen zweiten Grund, für die Bereitstellung einer testbaren Anwendungslandschaft durch den Anbieter. Dies trägt nicht zur Vergleichbarkeit der Testergebnisse bei und kann in keinem Fall die Interoperabilität prüfen oder diese gar sicherstellen. Bei MoReq2010 ist so gesehen die Latte viel niedriger aufgehängt als bei MoReq2. 

Auch CMIS wird inzwischen in die Debatte geworfen. CMIS wird auch nicht so richtig MoReq2010 "aufpeppen" helfen, dazu ist CMIS selbst zu umstritten und wird von zu wenigen Anbietern "real" in Produkten unterstützt. Was allerdings positiv ist, dass es hierfür Open Source Module, Schnittstellen und Metadaten gibt, die wirklich eine Kompatibilität für CMIS-Lösungen sicherstellen können.

Bei uns daheim in Deutschland wird ein MoReq2010 Zertifikat wenig Eindruck machen. Hier stößt MoReq2010 auf die gleichen  "Argumente" und "Hürden", die schon gegen MoReq (MoReq1) und MoReq2 angebracht wurden. Zitat aus dem Archivalia Blog http://t.co/Mjxdmm3s: "Solange allerdings die MoReq weder ins Deutsche übersetzt sind, noch der dt. Terminologie und Anforderungen an die Schriftgutverwaltung entsprechen, ist deren Anwendung nur bedingt empfehlenswert".

Wieder wird Records Management mit Schriftgutverwaltung gleichgesetzt, obwohl dieser Vergleich bekannterweise hinkt. Wieder wird das Vorliegen in deutscher Sprache als Hinderungsgrund für die Akzeptanz vorgebracht, wo jedoch Software-Dokumentationen in English längst Usus sind. Die Usmetzung in die deutsche Sprache hat Standards wie ISO 15489 nun wahrlich nicht gut getan und hat erheblich dazubeigetragen, dass Records Management in Deutschland kaum bekannt ist. Und es wird im Blogbeitrag bei Archivalia noch die Brücke zur deutschen Verwaltungspraxis (oder Verwaltungslehre …) geschlagen. Diese hat in Bezug auf E-Government aber nur wenig Brauchbares hervorgebracht. Wir erinnern an DOMEA und DOMEA 2.0. Internationale und europäische Entwicklungen haben offenbar für Deutschland weiterhin keine Bedeutung. Also werden wir uns in Deutschland weiter mit den Nachwehen von DOMEA 2.0 und dem neuen (zukünftigen – denn derzeit gibt es nur eine inoffizielle Version 0.99) Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit (mein persönlicher Arbeitstitel OKeVA) unser eigenes Süppchen kochen.

Noch einmal zurück … MoReq2010 wurde mit erheblicher Verspätung veröffentlicht und liegt derzeit in Englisch vor. Englisch wird auch die maßgebliche Sprache für Test und Zertifizierungen bleiben.

Bei MoReq2 sind – trotz der Einstellung der Version und Ablösung durch MoReq2010 – die Übersetzungsarbeiten weitergelaufen. Nunmehr liegt auch eine Übersetzung von MoReq2 in rumänischer Sprache vor: "CERINȚE MODEL
PENTRU MANAGEMENTUL ACTELOR ELECTRONICE" – Actualizare şi dezvoltare, 2008 – Specificația MoReq2
". Offenbar ist es dem DLM Forum immer noch nicht gelungen, die Ressourcen von MoReq2 auf MoReq2010 zu verlagern …

Das Jahr 2012 wird eine weitere Überarbeitung von MoReq2010 bringen, weitere Module, verbesserte Testszenarien … und vielleicht auch das eine oder andere zertifizierte MoReq2010-Produkt.

 

Dr. Ulrich Kampffmeyer

Curriculum auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Kampffmeyer

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